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Glückstagebuch: Zum Seelenkampf der Wölfe

von Mai 15, 2014Impulsgeschichten

Zwei Wölfe wohnen ach in meiner Brust. Vom Seelenkampf der Wölfe: Wie das Glückstagebuch hilft, positive Gefühle und Glück zu nähren. Eine kleine tägliche Übung  zeigt erstaunliche Ergebnisse…

Ein alter Cherokee vom Apalachee Stamm im Südosten der USA erzählte seinem Enkel eine Indianerweisheit vom Seelenkampf, der im Inneren der meisten Menschen tobt. Er sagte: „Kind, dieser Kampf findet zwischen den beiden Wölfen statt, die in uns wohnen. Der eine Wolf ist schwarz, die dunkle Seite. Er ist voll Zorn, Neid, Eifersucht, Leid, Bedauern, Gier, Arroganz, Selbstmitleid, Schuldgefühl, Groll, Lügen, Unter- und Überlegenheit, falscher Stolz und Ego. Der andere Wolf ist weiß, die lichtvolle Seite. Er ist voll Freude, Friede, Liebe, Hoffnung, Heiterkeit, Demut, Freundlichkeit, Wohlwollen, Empathie, Großzügigkeit, Wahrheit und Glaube. Dieser Zweikampf definiert stark, wer wir sind. Der Enkel dachte eine Weile darüber nach. Dann fragte er seinen Großvater: „Und welcher Wolf gewinnt?“ Der alte Cherokee antwortete in Güte und Klarheit: „Das entscheidest Du, wen Du fütterst.“

Eine spannende Frage ist: Wie füttert man seine positive Seite und seine positiven Gefühle? Seit der Jahrtausendwende beschäftigt sich ein Kreis von Wissenschaftlern mit positiver Psychologie. Anders als den klassischen Psychologen geht es Ihnen nicht um das Diagnostizieren und Behandeln von Leiden und Krankheit, sondern um das Fördern von positiven Gefühlen. Eine einfache und wirksame Intervention der positiven Psychologie ist folgende.

 

Glückstagebuch für den positiven Tagesrückblick

Setzen Sie dafür die Glücksbrille auf und ein Glückstagebuch ein. Die Positive Psychologie unterscheidet zwei Facetten von Glück: Zum einen das Verhalten (hedonic happiness) und zum anderen die Werte-Haltung (eudaimonic happiness).

  • Das Wohlgefühl speist sich aus den Momenten des Genusses. Die Quellen dafür sind individuell: einen Spaziergang machen, ein gutes Buch lesen, eine Runde auf dem Rad drehen.
  • Stimmigkeit leitet sich hingegen aus der Werte-Haltung ab, was uns mit Sinn und Kohärenz mit uns selbst erfüllt.

Schauen Sie jeden Abend durch beide Gläser der Glücksbrille auf den Tag zurück. Beantworten Sie dabei die Fragen:

  • Worüber war ich heute glücklich? (mindestens 3 Antworten!)
  • Schauen Sie sich dann jede Antwort näher an: Warum war das ein Glücksmoment?
  • Wie habe ich zu dem Glück beigetragen?

Ritualisieren Sie diesen Tagesrückblick. Zum Notieren motiviert ein schön gestaltetes Glückstagebuch zusätzlich. Wagen Sie einen Versuch. Sie werden sehen, dass schon eine Woche positive Effekte zeigt. Studien belegten, dass Wohlbefinden steigt und depressive Stimmungen sinken. Selbst nach 3 und 6 Monaten sind die Effekte noch sichtbar. Zudem blicken Sie von Beginn an anders auf den Tag, wenn Sie positive Eindrücke sammeln. Je mehr wir uns damit auseinander setzen, desto achtsamer werden wir im Umgang mit den schönen Momenten und umso weniger sind wir für den Pessimismus anderer anfällig. Es stärkt das Bewusstsein für das Glück. Für uns war der positive Tagesrückblick über die ganze Kindheit unserer Kinder ein Zu-Bett-Geh-Ritual. Weder sie noch wir mochten diese Momente des Glücks missen.

Doch es gibt ja auch noch die andere Seite in der Geschichte. Was machen wir mit dem schwarzen Wolf? Lassen wir ihn verhungern und verdrängen ihn aus unserem Bewusstsein?

 

Die dunkle Seite

Nach einer Weile fährt der alte Cherokee fort. Der Kampf der beiden Wölfe ist kein Machtkampf, sondern ein Spiel um die rechte Balance. Beide brauchen sich Seite an Seite und so müssen beide versorgt werden. Sie gehören zusammen. Fütterst du nur den weißen, hungert der schwarze Wolf. Je weniger Aufmerksamkeit er bekommt, desto unkontrollierbarer bekämpft er den weißen. Aber wenn er gesehen wird, dann muss er nicht kämpfen. Wenn du beide fütterst, werden sie dir zusammen gute Dienste leisten. Ohne inneren Kampf um Aufmerksamkeit, weisen sie auf einen Weg, der dem Leben dient. Ein Mensch, der den weißen und schwarzen Wolf in Frieden in sich hat, hat alles. Ein Mensch, der in einen inneren Kampf gezogen wird, hat nichts. Das Leben wird davon bestimmt, wie du mit den Kräften in dir umgehst. Vernachlässige keinen Wolf, führe beide und gewinne.

Wenn der Mensch sich bewusst ist, dass in seinem Inneren zwei entgegen gesetzte Kräfte wirken, achtet er sie und auf sie. Werden beide Wölfe respektiert, spürt der Mensch seine Lebendigkeit. So kann er ein Leben zu führen, in dem es glückliche und traurige Ereignisse gibt, erfüllte und nicht erfüllte Bedürfnisse. Indem er alles bewusst durchlebt, wird er lebendig, alles Lachen zu lachen und alle Tränen zu weinen. Leider haben wir früh gelernt, die schwarzen Wölfe auszusperren, weil der Schmerz unerträglich schien. Wir haben gelernt, Gefühle nicht an uns heran zu lassen und die unerfüllten Bedürfnisse nicht zu beachten. Das kostet Energie und hat einen Preis. Wir sperren den schwarzen Wolf aus und halten den weißen an der kurzen Kette. Beide Wölfe haben Wichtiges zu lehren. Nur wenn wir ansehen, auf was sie hinweisen, können wir die Gefühle und Energien, die mit ihnen verbunden sind, verwandeln.

 

Glückstagebuch für das, was in uns vital ist

Sich verletzlich machen, seine Ängste, Unsicherheiten und Schwächen zeigen, die Rüstung, die uns beschützt, abzulegen ist der einzige Weg, mit uns und anderen in Verbindung zu treten. Wenn die Mauern, die wir um unsere Schwächen aufgebaut haben, zerbröseln, dann können wir unsere innersten Gedanken und Gefühle teilen. Uns so zeigen, wie wir sind. Vertrauen ist die Brücke zu einer tiefen Verbindung. Befreiung von der Angst. Es ist normal, Zweifel zu haben und Vertrauen zurückzuweisen. Wenn unsere Gefühle verletzt werden und das nicht bis zur Auflösung durchleben, verlieren wir daran nach und nach unsere Kraft. Vital zu sein, bedeutet, sich immer wieder neu zu erlauben, angenehme und unangenehme Gefühle, erfüllte und unerfüllte Bedürfnisse auszudrücken. So bekommen sie Raum, um gut für uns zu sorgen.

Und so können wir unser Glückstagebuch und positiven Tagesrückblick Stück für Stück ergänzen, um alle emotionalen Wahrnehmungen – solche, die wir feiern und solche, die wir bedauern. Wir werden uns unserer erfüllten und unerfüllten Bedürfnisse bewusst und übernehmen so selbst Verantwortung für unser Leben. Und vielleicht können wir diese sogar dem Partner erzählen, der zuhört ohne kommentieren, ohne werten und ohne rechtfertigen. Aber das ist dann schon die fortgeschrittene Kunst der Kommunikation…

* Vgl. Panther-Yates, Donald N. (2013): Cherokee Clans, An informal history; Fredrickson, B. (2011): Die Macht der guten Gefühle. Wie eine positive Haltung Ihr Leben dauerhaft verändert. Campus Verlag GmbH, Frankfurt, S. 217.

Es gilt, nicht der Gefahr des Ja-Aber-Spiels und damit dem Austausch von Argumenten zu verfallen, wenn man die Bedürfnisse auf den Tisch bringen will. Sondern selbst geklärt, die eignen Bedürfnisse einen Moment hinten anzustellen und die Bedürfnisse des andern empathisch in den Blick zu nehmen. Um sich aufrichtig mitteilen zu können, ist zunächst Empathie für die Bitte zu geben. So dass der Bittende die Sicherheit bekommt, gesehen und gehört zu werden. Zu zeigen, dass man die Bitte gehört hat und welche empathische Vermutung zum Wozu – als Frage oder Konjunktiv formuliert – man dazu hat.

 

7. Niemand kann Empathie geben, bevor er nicht selbst Empathie bekommen hat

Eine konkrete Bitte ist eine Strategie, die zunächst die Bedürfnisse des Fragenden in den Blick nimmt. In der GFK ist die Bitte nur verstehbar, wenn sie in Zusammenhang mit den dahinter stehenden Gefühlen und Bedürfnissen geäußert wird. Wer eine Bitte äußert will etwas ändern. Die Gewaltfreie Kommunikation kennt unterschiedliche Arten von Bitten auf Ebene der Strategie. Ihr Fokus liegt dabei darauf, in Verbundenheit miteinander zu sein.

  • Handlungsbitten: sind Bitten um eine bestimmte Handlung oder um ein inhaltliches Feedback (oft um zu schnellen Lösungen zu kommen)

  • Beziehungsbitten: sind Bitten um eine einfühlsame Reaktion, um eine Mitteilung, was beim anderen angekommen ist oder wie es ihm damit geht, was er dabei empfindet. Es geht dabei als darum, dem Fühlen Raum zu geben.

Es git zunächst, das Bedürfnis des Bittenden hinter seiner Bitte genauer zu ergründen. Emphatische Vermutungen dürfen dabei nicht auf Gedanken abstellen, sondern das Fühlen adressieren. Schnell werden im Eifer des Gefechtes Gefühle mit Gedanken oder gar Vorwürfen verwechselt. Das aber zerstört jeden Kooperationswillen. Selbst wenn eine Handlungsbitte geäußert wurde, kann es sein, dass der Anfrager das Nein nicht in der Sache, sondern (1.) auf der persönlichen Ebene hört, als Absage an die Beziehung. Und dass er (2.) so in seine Bedürfnisse verstrickt ist, dass er kein Ohr für die Antwort hat und ein Nein (noch) nicht empathisch hören kann. Dann war die Fähigkeit offen mit einer Antwort umgehen zu können, nicht gegeben.

Eine echte Bitte im Dialog muss mit einer offenen Entscheidung – ja oder nein – umgehen können, sonst ist es keine. Dann braucht der Antwortende nicht mit einem Nein und seinen Bedürfnissen anfangen. Vielmehr gilt es nun erst einmal, um die Beziehung zu halten, die eigenen Bedürfnisse einen Moment zu parken und die Bedürfnisse hinter der Bitte in den Blick zu nehmen. Der Bittende braucht so lange Einfühlung, bis er sich entspannt hat. Die Zeit zum Nachspürenlassen, ob es im Hier und Jetzt gut ist, Zuhören, Raum halten. Wenn der Bittende in seinen Konflikt nicht so reflektiert ist, sich selbst Einfühlung zu geben, braucht er die Empathie des Zuhörers.  Sich auf der Ebene seiner Bedürfnisse gehört zu fühlen, lässt spüren, dass ich dem anderen wichtig bin. Menschen sind oft erst in der Lage, empathisch auf die Bedürfnisse anderer zu reagieren, wenn sie selbst Empathie bekommen haben.

 

8. Empathisch Zuhören bevor man sich aufrichtig mitteilen kann

Marshall B. Rosenberg erkannte: „Empathisch mit dem Nein des anderen zu sein, schützt uns davor, es persönlich zu nehmen.“ 

In der GFK gibt es keine Abkürzung als sich in die Bedürfnisse beider Seiten einzufühlen. Das ist das, was in Menschen lebendig ist. Ein Ansatz Nein zu sagen und gleichzeitig in der Verbundenheit zu bleiben, ist daher, nicht nur das eigene Nein gut zu erklären, sondern sich auch die Zeit zu nehmen, eine andere Strategie im Hier und Jetzt mit dem Anfrager zu entwickeln. Solange gemeinsam einen Weg zu erkunden, wie die dahinterliegende Bedürfnis beider Seiten erfüllt werden können. Immer wieder offen nachfragen, was der andere verstanden hat, wie es ihm damit geht und was er braucht. Hier sind mitunter mehrere Runden zu drehen, die gegenseitigen Bedürfnisse zu spiegeln und eine gemeinsame Synthese zu finden. Diese Aufarbeitung im offenen Dialog kann Zeit benötigen, die nicht immer da ist. Sie hat das potenzial die Verbundenheit trotz des initialen Neins zu stärken.

Auf Ebene der mit der Bitte vorgeschlagenen Strategie gibt es kein Commitment. Das muss aber nicht heißen, dass es keine andere gemeinsam getragene Lösung gibt. So gesehen bleibt es beim autonomen Nein zur anfänglichen Bitte, die nicht für beide Seiten stimmig ist. Aber der Dialog endet immer mit einem Ja zur Verbindung  durch achtsame Anerkennung der Bedürfnisse aller Seiten. Im dialogischen Austausch selbst liegt dann eine neue tiefe Beziehungerfahrung. Statt im Widerstand und In Negativität zum Nein bzw. zur Bitte zu sein, wird kein Leid erschaffen, sondern es entsteht eine höhere warme Herzensenergie, indem beide miteinander mit ihrer Lebendigkeit in Kontakt kommen.

 

9. Umgang mit Blockaden

Gehört zu werden im Anliegen schafft Öffnung auch für Anliegen des anderen. Selbst wenn ich diese Verbundenheit will, sich gegenseitig in seinen Bedürfnissen zu sehen und Lösungen zu finden, ist das nicht immer sofort möglich:

  • Ich bin selbst nicht in meiner Kraft und in der Lage mich auf den Klärungsprozess einzulassen. 

  • Man hat sich in ein Ja-Aber-Gefecht mit Urteilen, Drohung, Schuldvorwürfe und Urteile so- verfahren, dass im Moment nicht auf die Ebene der Bedürfnisse vorzudringen ist. Obwohl im Grunde jeder nur darum kämpft, mit seinen Bedürfnissen gesehen zu werden.
  • Die Beteiligten brauchen Zeit zum Nachspüren, bevor die gemeinsame Lösung sich entwickeln kann.

Bei solchen Blockaden hilft erst einmal der Ausstieg aus der Situation mit ehrlichem Bedauern und Dankbarkeit für die Ehrlichkeit. Für den Moment tritt jeder für sich ein und man lässt die Differenz stehen ohne sie persönlich zu nehmen. Ein Wiederanschließen ist dann leichter zu einem späteren Zeitpunkt aus Distanz zu den kraftraubenden Emotionen möglich. 

Die Aufrichtigkeit des Neins braucht Empathie für beide Seiten. Das gibt die Sicherheit, einander zu hören und anzuerkennen. Dahinter steck eine enorme Kraft der Verbundenheit: Die Bedürfnisse werden ins Leben geholt und schaffen lebendige Beziehungen. In dieser Haltung fließt jedes Einstehen für sich selbst letztlich sogar in eine Vertiefung der authentischen Verbindung zwischen Menschen.

So steht am Ende der Bitte das Danke.

    [1] Ein authentisches Anschauungsbeispiel ist die Milchtütenbitte von Iris und Jürgen. Im langsamen Dialog mit laufender Rückkopplung an die Bedürfnisse beider zeigen sie, wie es gelingt, die eigenen Bedürfnisse und die Reaktanz des anderen darauf anzusprechen und – in der Haltung, gegenseitig verbunden bleiben zu wollen und sich die Zeit zu nehmen- die Beziehung in der Akzeptanz der gegenseitigen lebendigen Bedürfnisse zu vertiefen. Die Kunst ist, keinen Vorwurf zu hören, sondern die Selbstkundgabe.

    [2] Axiom der GFK: Bedürfnisse sind universal gültig, insbesondere unabhängig von Person, Zeit und Ort, sonst sind es Strategien.


     

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