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Kurt Lewin kocht: 3 Phasen der sozialen Veränderung

von Jun 15, 2015Impulsgeschichten

Kurt Lewin (1890-1947) gilt mit seinem 3 Phasen Modell der sozialen Veränderung als einer der Väter des Change Managements. Er entwickelte dabei eine Feld- oder Systemtheorie menschlichen Verhaltens in einer Zeit, als systemisches Denken noch nicht gängig war. Und so prägte er nicht nur die Therapie, Soziologie und Organisationspsychologie. Schon 1933 emigierte er aus Deutschland in die USA.

Kurt Lewin und die amerikanischen Essgewohnheiten

In den USA wurde Lewin später im 2. Weltkrieg mit einer eher unappetitlichen Aufgabe betraut. Fleisch wurden immer knapper. Daher fragte sich die amerikanische Regierung, wie sie die Ernährung des Volkes sichern könnte. Es lag nahe, in der Not auch die Innereien des Schlachtviehs zu verwerten. Doch Innereien zu essen, war nicht üblich. So schlug die Initiative, die Innereien zu popularisieren, im ersten Anlauf fehl. Die meisten Amerikaner ekelten sich schlicht davor. Wie sollte man die Abscheu überwinden? Die Regierung wandte sich mit dem Problem an Lewin.

Kurt Lewin und die 3 Phasen der Veränderung

Lewin erkannte, dass der Mensch einen Wandel in einer Gruppe leichter als für sich alleine vollzieht. In einem Spätwerk formulierte er für Veränderung in Gruppen das viel zitiierte 3 Phasen Modell. Um den Wandel anzustoßen, setzte Kurt Lewin auf die Verantwortung des Einzelnen gegenüber dem Kollektiv. Das Modell besagt, dass Wandel dann in 3 Phasen gestaltet werden sollte:

  • Auftauen (Unfreezing) – Vorbereiten und Beteiligen der Betroffenen
  • Hinüberleiten (Moving) – Einführen der Neuerung
  • Verfestigen (Freezing) – Verfestigen des Neuen

Heute erscheint uns die Welt oft komplexer als in diesem einfachen Modell der 3 Phasen von Lewin. Und doch hat dieses einfache Modell des Wandels doch Referenzcharakter. V.a. hat es die erste Phase des Ablösens von Gewohntem nach wie vor in sich.

Das Phänomen des Widerstandes in der Veränderung

Kurt Lewin sah in der Speiseabscheu nur ein Beispiel für ein altes Phänomen – der Ablehnung von Veränderung. Eine Angst vor dem Neuen und ein Beharren auf Bekanntem. Und so machte in Amerika ein neues Wort die Runde: „Resistance to Change“ (Widerstand bzw. Veränderungsresistenz). Das Besondere am Ekel vor den Innereien ist, dass dieser nicht so recht zu erklären scheint. Angesichts der Situation von Hunger und Not kann nur eingestanden werden, dass es keine rationalen Gründe sind. Argumente in Bezug auf die Tierhaltung, die uns heute etwa bei vegetarischer oder veganer Ernährung beschäftigen, hatten in Zeiten, in der ab und zu eine Fleischnahrung für die meisten Menschen eine Ausnahme war, kein Gewicht. Der Widerstand gegen Innereien war also primär emotionaler Natur und damit schwerer zu greifen und auflösen als rational erklärbarer Widerstand.

Kurt Lewin wurde entsprechend kreativ, um die Abscheu gegen Innereien zu überwinden. Er bildete Gruppen von Hausfrauen, holte Spezialisten für Vorträge, verteilte Rezepte für die Zubereitung, ließ die Teilnehmerinnen selbst Programme entwerfen usw.

Auftauen zur Vorbereitung des Wandels in der 1. der 3 Phasen – Unfreezing

Ein Muster zeigte sich Lewin dabei immer wieder:

  • Hausfrauen, die bei Vorträgen „überzeugt“ werden konnten, änderten ihre Kochgewohnheiten. Weitergehend änderten sie jedoch ihr Denken und Verhalten nicht wesentlich.
  • Anders die Hausfrauen, die in eine lebendige Auseinandersetzung eingebunden wurden und selbst ein Programm zur Überzeugung anderer erarbeiteten. Die Frauen dieser Vergleichsgruppe analysierten sich selbst, ermittelten die Ursachen ihres Ekels und bauten in der Dynamik der Gruppe Schritt für Schritt ihre Voruteile ab. Am Ende waren sie bereit, einen Versuch zu wagen und sich auf das Abenteuer Lunge, Niere und Milz einzulassen.

Diese Einbindung bezeichnet Kurt Lewin als Auftauen zum Vorbereiten auf den Wandel.

Veränderung braucht Zeit und Raum

Jede Veränderung bedarf einem Lösen von Bestehenden und ein Öffnen für das „kreative Chaos“ des Übergangs. Ansonsten  droht sie wie an einer unsichtbaren Mauer an der Resistenz und dem Widerstand der Betroffenen zu scheitern. Deshalb braucht Führung im Wandel v.a. Zeit und Raum: Zeit für das Team, um miteinander Überkommenes loszulassen und Platz für Neues zu schaffen. Es hilft nicht, wenn Führung alleine, sich viele Gedanken über den notwendigen Wandel macht – sie muss dann ebenso den nachgeordneten Ebenen Zeit und Raum einräumen, sich mit der Thematik zu befassen. Die direkt Betroffenen werden sonst sicherlich das Aufgetischte nicht einfach wortlos schlucken.

Lassen Sie uns stattdessen lieber immer mal wieder im Team gemeinsam kochen und miteinander den eigenen Horizont erweitern. Dabei müssen wir ja gar nicht auf die Innereien fixiert sein…

[*] Vgl. Schreyögg: Unternehmenstheater als Intervention, in: Zeitschrift für Organisationsentwicklung, 01/1998.


 

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