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Reorganisation Leitungsstruktur: begleitende Befragungen, Vitos GmbH

von Jan 1, 2014Aus der Praxis

Referenz Ansprechpartner: Jochen Schütz, Leiter Vitos Konzern Geschäftsbereich Personal, Organisation und Recht, 2012-2013

Ziel Reorganisation Leitungsstruktur

Das Vitos Klinikum Gießen-Marburg ist mit 477 Betten über 3 Standorte die größte psychiatrische Fachklinik in Hessen. Im Zuge der Integration der Standorte unter eine Pflegedirektion sollte die nächste Führungsebene umstrukturiert werden. Zugleich hat Vitos konzernweit einen Abbau an Hierarchiestufen in der pflegerischen Leitung beschlossen. Ziel dabei ist, die Nähe zur Patientenversorgung, Prozessorientierung und die Abstimmung in den Teams zu stärken. So leuchtet die Entwicklung hin zu flachen vernetzten Strukturen mit den drei Säulen Arzt, Pflege, Verwaltung auf dem Weg zu mehr Agilität im Konzern unmittelbar ein. Vitos Gießen-Marburg bot sich als Pilotprojekt für die Reorganisation der Leitungsstruktur an. Mit Abschluss des Piloten startete dann die zweite Klinik, Vitos Riedstadt, mit der Umsetzung.

Wir wurden vom Geschäftsbereich Personal, Organisation und Recht mit dem Wissenschaftspartner Health Care Management Institute (HCMI) der EBS unter Leitung von Prof. Dr. Ralph Tunder mit einem ungewöhnlich spannenden Vorhaben beauftragt: Eine Evaluation für Vitos Gießen-Marburg als auch eine die Umsetzung begleitende Evaluation für Vitos Riedstadt zur Reorganisation der Leitungsstruktur durchzuführen. Letztere sollte parallel zur Umstrukturierung über 1,5 Jahre laufen. Ziel der Evaluation war es, das Vorgehen im Change zu reflektieren. Dafür wurde im Vorfeld ein Studienkonzept für den Auftraggeber entwickelt, in dem 1/3 aller direkt in der Patientenversorgung involvierten Personen per geschichteter Stichprobe zufällig ausgewählt wurden. Im Einzelnen galt es, offen zu beleuchten, wie die

  • Mitarbeiter von den Leitungen abgeholt und im Prozess mitgenommen wurden.
  • Identifikation mit der neuen pflegerischen Leitungsstruktur sich im Projektverlauf darstellt.

Umsetzung Reorganisation Leitungsstruktur

Das dialogisch strukturierte Befragungsdesign rekurrierte auf die Phasen der Verhaltensänderung im Change. Dabei stellte es jeweils auf die Potenziale der Intervention durch die Leitung und der Integration der Mitarbeiter ab, um „Geben und Nehmen“ im Prozess zu beleuchten. Am Klinikum Vitos Gießen-Marburg fand die Evaluation ex post statt. Die Entwicklung im Projekt wurde so simuliert. In Riedstadt konnte die Evaluation zu drei Messpunkten vorher/ während/ nachher begleitend zur Umsetzung geführt werden. Dadurch wurde das zusätzliche Potenzial genutzt, mit den betroffenen Mitarbeitern und Führungskräften bereits während der verschiedenen Phasen in den Dialog zu treten und Maßnahmen zur Adjustierung des Vorgehens abzuleiten.

Unser praktisches Know-How im Change Kontext ist in den Aufbau der Leitfaden gestützten Interviews eingeflossen. Die Integration von praktischer und wissenschaftlich fundierter Vorgehensweise erstreckt sich über den gesamten Verlauf der Evaluation. Die Befragung wurde in Einzelinterviews entlang eines halboffenen Fragenkatalogs durchgeführt. Aus der Befragung sollten nicht nur die Zufriedenheit mit dem Vorgehen im Prozess, sondern auch der Bedarf an Nachjustierungen und Empfehlungen für passende Maßnahmen ermittelt werden. So verfolgte die Befragung, in erster Linie subjektiv erlebte Abweichungen zwischen realer Leistung und eigener Erwartung zu erfassen (Confirmation/ Disconfirmation Paradigma). Die individuellen Bewertungen der Situation wurden qualitativ erfasst.

Dialogisches Evaluationsinstrument

Die pflegerischen Leitungen nahmen das jeweilige Stimmungsbild zur Kenntnis und integrierte es in weitere Entscheidungen und Handlungen. So unterstützte das Studiendesign den hierarchie- und berufsübergreifenden Dialog. Im Ergebnis wurde die Evaluation so effektiv als Moderationsinstrument für den Change genutzt. Gerade die umsetzungsbegleitende Evaluation war so zugleich ein bidirektionales Beteiligungs- und Interventionsmedium.

Führungen und Mitarbeiter aller Berufe beteiligten sich in der Tat engagiert an den Interviews und brachten ihre Blickwinkel im Verlauf konstruktiv ein. Die Auswertungen zeigten vielzellige Ansätze auf und spiegelten damit die gelungene Integration der Mitarbeiter in den Prozess: Durch die aktive Reflexion und das Einbringen der eigenen Anliegen wurden die Befragten in Ihrer Expertise gewürdigt und die Leitung der Klinik erhielt für die Projektarbeit laufende Impulse und Feedbback von der Basis.

Ergebnis Reorganisation Leitungsstruktur

Prozess begleitende Interviewbasierte Evaluation

Mit dem Instrument wurde die Anpassung der Leitungsstruktur nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg umgesetzt. Vielmehr wurden diese zu Beteiligten gemacht. Genau dies soll der Abbau der Hierarchiestufen ja auch bewältigen: eine nachhaltige Veränderung der Zusammenarbeit und der Kultur im Alltag. Die Evaluation selbst wird zu einem Interventions- und Integrationsinstrument und dient der effektiven Umsetzung des Projektes in Bezug auf die Ziele.

Um Menschen anzuschubsen, alte Muster zu durchbrechen und neues Verhalten zu implementieren, wirkt das wertschätzende aktive Interview ermutigend. Veränderungsenergie wird gebündelt. Die wiederkehrenden 15-20-minütigen Gespräche würdigen die individuelle Sicht des Einzelnen. Über die drei Interviewtermine mit jedem Interviewpartner ist eine zunehmend sehr vertrauensvolle Atmosphäre und eine große Offenheit entstanden. Es wurde gescherzt, geweint, gelacht, gepoltert – manche Erlebnisse waren tief berührend. Die Motivation von Leitungen und Mitarbeitern zum Arbeiten an den neuen Strukturen war auffallend stark. Und auf Seite der pflegerischen Leitungen tut sich viel: Im Feedback wird die persönliche Investition der Leitung über den Projektverlauf bei Vitos Riedstadt zunehmend von allen Seiten wahrgenommen.

Die Kraft des moderierten Dialogs

Gerade die Umsetzung begleitenden Interviews entpuppten sich als ein starkes systemisches Instrument: Alles was nötig ist, ist schon im System vorhanden – es muss nur entzündet und in Bahnen gelenkt werden. Nicht alles muss von oben nach unten strukturiert werden: die Intelligenz und die Fähigkeit zu Dialog und Selbstorganisation/ Beteiligung der Vielen ist ein Schatz einer Klinik, den es zu heben gilt. Mit Empathie und Klarheit in der Führung und einer flacheren vernetzteren Organisation hat Vitos dies spielerisch und nicht minder wirkungsvoll vorgeführt. 

Das Projekt mit einem strukturierten und moderierten Dialog zur Evaluation der Reorganisation und den spannenden Wirkungen hat in Change Kontexten Beachtung verdient.

Referenz

Projekt: Reorganisation Leitungsstruktur: begleitende Befragungen, Vitos GmbH.
Ansprechpartner: Jochen Schütz, Leiter Vitos Konzern Geschäftsbereich Personal, Organisation und Recht
Zeitraum: 2012-2013


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