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Lerneinheit Verhaltenskodex – Von Respekt füreinander

von Mrz 13, 2015Blogs

Fehlt es Kliniken an einer Kultur von Respekt? Wie gedeiht respektloses Verhalten bis hin zur Diskrminierung auf dem Boden von Angst und Dominanz, wenn es toleriert oder gar unterstützt wird? Wie lässt sich eine Kultur von Respekt prägen?

 

Kliniken mangelt es an einer Kultur von Respekt

Jeder Mensch hat seine Wahrnehmung von Wirklichkeit. Um im friedlichen Miteinander zu leben, bedarf es der Toleranz und des Respekts für andere Sichten. Verantwortung ist, Maß zu halten im Anspruch auf die eigene Wahrheit. Kliniken – aber nicht nur diese – funktionierten klassisch als Angstsysteme aus Befehl und Gehorsam funktionierten. Hier ist es dringend nötig, eine Kultur hin zu mehr Respekt zu entwickeln. Das beschreibt der Beitrag “A Culture of Respect” [1] von Leape et. al. 2012 in zwei Teilen. Das Barometer der Veränderung 2012/ 2013 bestätigt dies: Unseren Kliniken fehlt es in der Tat an einer Kultur des Respekts.[2]

Ursachen und Mechanismen für respektloses Verhalten und seine Folgen

Traditionell ist die Kultur in Kliniken von Hierarchie, Status und Privilegien geprägt. Dies kann die Ursache für respektloses Verhalten im System sein:

  • Erziehung durch Erniedrigung in Hierarchien hat existiert heute noch immer.
  • Status-Denken kann zum Abwerten von “niedriger gestellter” Berufe führen.
  • Sich nicht an Regeln zu halten ist ein Ausleben von Privilegien zu Lasten anderer.

Gefördert werden diese Muster im Verhalten des Umfeldes v.a. bei hohem Druck. Das hat Folgen. Kurzfristig kommt es zu Angst, Ärger, Scham. Die damit einher gehenden Selbstzweifel erhöhen die Fehlerquote. Ein erschütterndes Experiment zur Diskriminierung (v.a. die Auswertung im letzten Drittel) führt die Mechanismen von Macht und Manipulation hin zur Diskriminierung vor Augen. Und es ist erschreckend leicht und unglaublich primitiv die Mechanismen funktionieren. Mit Einschüchterung, Verhöhnen, Ausgrenzen, Bloßstellen, Demütigen und Polarisierung funktionieren, sich selbst über andere zu erhöhen und andere „runterzusauen“:

  • Priviligierte fühlen sich sicher. Es entsteht ein Gefühl von Macht. Sie fokussieren mehr auf negative Menschenbilder bzgl. anderer und die damit verbundenen Erwartungen statt auf offene Wahrnehmung realen Verhaltens.
  • Doch ein Einzelner reicht nicht. Es braucht ein System mit genügend Leute, die das Verhalten gegen ihre Prinzipien es zulassen.
  • Diskriminierte werden in ihrer Gleichwürdigkeit nicht vom System unterstützt. Es fehlt an Zivilcourage, sich für die Mitmenschen verantwortlich zu fühlen und sich zu exponieren.
  • Diskriminierung der Bedürfnisse anderer entfaltet enorme psychische Kräfte auf allen Seiten.

Das verletzte Selbstwertgefühl provoziert auf Dauer aggressive Gegenreaktionen!

Respektloses Verhalten gegenüber ist langfristig auch Gewalt gegen sich selbst. Auf lange Sicht führt fehlender Respekt jedoch zu eskalierenden Konflikten bis hin zum Krieg:

  • Die Kommunikation bricht ab. Klärungen und Solidarität bleiben aus. Menschen kuschen, um Ruhe zu haben.
  • Die konstruktive Zusammenarbeit auf kollegialer Ebene wird unmöglich.
  • Als Vorbilder geben Führungen ihr respektloses Verhalten weiter, mit dem sie andere dominieren und sich durchsetzen.
  • Auf der anderen Seite baut sich Vermeidung und aggressive Gegenwehr auf.
  • Zum Gegenschutz wiederum verstärken Vorgesetzte Ihre Kontrolle und Grenzsetzungen.
  • Die angespannte Stimmung überträgt sich auf den Patienten.
  • Im schlimmsten Fall kommt es durch steigenden Stress zu Fehlern in der Behandlung und zur Beeinträchtigung der Patientensicherheit.

In einem Angstsystem funktioniert Dominanz gerade so lange, bis etwas andere kommt, vor dem der andere noch mehr Angst hat als vor seinem dominanten Gegenüber. Das ist dann die Stunde der Wahrheit für Führung: Dann, wenn es gerade besonders darauf ankommen würde, wird der Führung nicht mehr gefolgt. Die Vertrauensbasis fehlt und damit wird in brenzligen Situationen freiwilliges Folgen verweigert. Eine offene Haltung für  Veränderung geht völlig verloren, da eine Führungskraft fehlt, die Halt und Sicherheit gibt: nur ein auf Vertrauen basierendes, offenes Feedback vermag einen Lernprozess in Gang zu setzen, der neue Ideen und Innovation hervorbringt.

Wir können es als Menschen hinkriegen, menschlich miteinander umzugehen!

Die Ursachen respektlosen Verhaltens können in der Prägung des Einzelnen liegen oder eine spontane Antwort auf das Umfeld sein. Auffällig ist, dass sich Menschen, die sich respektlos gegenüber anderen und ihren Bedürfnissen verhalten, gerne in der Hierarchie durchsetzen und damit die Kultur prägen. Doch respektloses Verhalten gedeiht nur in einer Kultur, in der es toleriert und unterstützt wird. Will man also ein solches Verhalten aus seinem Team verbannen, bedarf es der Strategien und Strukturen, die einen kulturellen Wandel bewirken. Und wir leben gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels in einer Zeit, in der Menschen frei in der Entscheidung sind, ihre Stelle zu wechseln.

 

Aufbau einer Kultur von Respekt

Respekt meint explizit also nicht Angst und Dominanz. Vielmehr setzt Respekt voraus, sich als Partner aufeinander verlassen zu können. So funktioniert Respekt stets nur in einer positiven Haltung zueinander und nur in beide Richtungen: Verlässlichkeit, respektvoll selbst behandelt zu werden und ebenso den anderen mit Respekt zu behandeln. Seine eigenen Grenzen authentisch deutlich machen und die Grenzen des anderen wahrzunehmen. Gegenseitiger Respekt und Vertrauen lassen sich nicht anordnen, sondern sich nur mit Geduld und Ausdauer als Geschenk des anderen verdienen. Dazu bedarf es etwa, den anderen in entspanntem Setting kennenzulernen, Verlässlichkeit zu leben, gewaltlos und allparteilich zu führen, seine Emotionalität nicht affektiv auszuagieren etc.

Um eine Kultur des Respekts zu entwickeln, sind Maßnahmen zu verankern, die auf respektloses Verhalten reagieren. Je früher Verhaltenskorrekturen beginnen, mit umso feineren Gesten und Interventionen sind sie korrigierbar, da Emotionen noch nicht die Oberhand gewonnen haben. Es gilt, konsequent jeden Ansatz von Respektlosigkeit nicht zu tolerieren oder gar zu unterstützen! [3] Respektloses Verhalten gedeiht, solange es toleriert oder gar unterstützt wird. Daher gilt es, ein Umfeld zu schaffen, das solches schon im Keim verhindert. Führung hat hier Verantwortung und Vorbildfunktion.

Leape u.a. (2012) fokussieren einen Ansatz, der respektloses Verhalten nicht bestraft, sondern respektvolles fördert.[1] Folgende Schritte werden hierzu konkret vorgeschlagen:

Schritt 1: Benennen und eliminieren von akuten systemischen Problemen

Zuerst ist es wichtig, Probleme zu benennen, die ein respektloses Verhalten fördern und sie zu eliminieren. Hierzu gehören Stressfaktoren oder Abläufe, die zu Konflikten führen.

Schritt 2: Entwickeln eines Verhaltenskodex (Code of Behavior)

Sinn und Zweck eines Verhaltenskodex ist es, die normativ gewünschte Art und Weise der Zusammenarbeit für alle Mitarbeiter zu klären. Der Kodex ist das Maß, an dem Verhalten gemessen wird und Konsequenzen für Fehlverhalten verlässlich gezogen werden. Wichtig ist dabei:

  • Der Verhaltenskodex kann für die ganz Klinik oder für einzelne Einheiten erarbeitet werden.
  • Er soll so offen und transparent wie möglich erarbeitet und dann von allen getragen werden.
  • Die Formulierungen im Kodex sollen so wenig Raum wie möglich für Interpretation lassen.

Schritt 3: Implementieren des Kodex

Für die Implementierung des Kodex ist wichtig, dass er durch die oberen Leitungen getragen, vorgelebt und konsequent eingefordert wird. Um Transparenz und Verbindlichkeit zu erzielen, muss der Inhalt allen bekannt werden. Daher wird die  Unterschrift zur Kenntnis bei jedem Mitarbeiter eingeholt und/oder der Kodex zum Bestandteil der (künftigen) Arbeitsverträge gemacht.

Schritt 4: Aufbau eines Mechanismus der Eskalation

Mit der Einführung des Kodex wird ein maximal transparenter Prozess der Eskalation eingeführt, der ungeachtet der Person den Umgang mit Fehlverhalten im Detail regelt. Vom Einreichen einer Beschwerde bis zum stufenweisen Verfahren soll der Prozess von allen als fair erachtet werden.

Fazit

Verbindliche Regeln und Prozesse zum Umgang mit Fehlverhalten sind nötig auf dem Weg zu einer Kultur von Respekt. Oberstes Ziel soll es sein, ein Umfeld zu schaffen, in dem unangemessenes und despektierliches Verhalten erst gar keinen Platz findet. Hierfür bedarf es anfangs gezielter Maßnahmen, die Führungen und Mitarbeiter für den Umgang miteinander sensibilisieren sowie Schulungen, in denen sich die Teilnehmer gemeinsam und in einem geschützten Rahmen mit normativ erwünschten und unerwünschtem Verhalten in einem entspannten Zustand außerhalb der Hektik des Alltags auseinander setzen.

 

 

[1] Leape, Lucian L. et. al.: A Culture of Respect: The Nature and Causes of Disrespectful Behavior by Physicians” Part 1 und 2, erschienen im Academic Medicine, Vol. 87, No. 7, July 2012.

[2] Im Veränderungsbarometer 2012/2013 haben wir 500 Mitarbeiter und Führungen aller Hierarchieebenen zu Veränderungsprozessen in ihrer Klinik, der Ausgestaltung zur Veränderung und zu den anstehenden Herausforderungen der nächsten 5 Jahre befragt. Im Ergebnis der Studie waren sich fast alle Befragten einig, dass Veränderung in Kliniken nötig ist und dass sich ihre Kliniken bereits im Wandel befinden. Zugleich erleben wir in unser Praxis eher Zurückhaltung bzgl. anstehender Veränderungen und ein eher verhaltenes Veränderungstempo.

[3] Über Führen in einer Kultur von gegenseitigem Respekt lässt sich im Umgang mit Pferden lernen. Vgl. dazu:

[4] Das rechte Maß halten ist ein Grundsatz systemischer Haltung. Alles was ins Extreme hinein übertrieben wird, kommt aus der Balance und wird zum Problem. So geht es auch bei der Beziehung  um ein langfristig ausgewogenes Geben und Nehmen von Empathie. Überzieht es die andere Seite, dann darf-Empathie für sich selbst greifen und Führung muss dem Gegenüber klipp und klar ihre Grenzen setzen. Wie das Grenzen setzen authentisch funktionieren kann, darüber handelt meine ganz persönliche 40-tägige Fastenerfahrung.


 

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