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Lerneinheit Umgang mit Emotionen – Vom Reiz/ Reaktion Schema

von Mrz 23, 2013Blogs

Weshalb ist es im Umgang mit Emotionen wesentlich, das unbewusste Reiz Reaktion Schema zu unterbrechen? Und Raum und Zeit für einen Moment der Stille zur Reflexion aus emotionaler Distanz zu schaffen…

Gefühle wahrnehmen

Basis für Selbstmanagement sind Selbstwahrnehmung, Bewusstsein, Reflexion. Es ist die Fähigkeit, eigene Emotionen zu spüren und sich der Gefühle mit den verbundenen Bedürfnissen und Werte bewusst zu sein. Der reflektierte reife Mensch besitzt dann ein gesundes Selbst-Bewusstsein, um auch in Distanz zu sich gehen zu können. Er weiß: Er “ist” weder sein Denken noch sein Fühlen. Gedanken und Gefühle sind die gewohnten Perspektiven auf Realität. Doch sie können verändert werden. Wenn das verstanden ist, ist Veränderung möglich.

Gefühle machen uns zu Menschen mit der Fähigkeit zur Empathie. Wenn wir uns über unsere Gefühle nicht klar sind, können wir sie nicht als Quellen der Energie zum Handeln nutzen. Statt dessen lassen wir uns dann unbewusst von ihnen lenken und blockieren. Der ver-antwort-liche Umgang mit Gefühlen ist daher eine  Anforderung an reife Menschen.

Gefühle – angenehme wie unangenehme – können eine intuitive Quelle der Energie darstellen. Sie dürfen nur nicht über das rechte Maß hinaus Gehör bekommen. Angenehme Gefühle wie Begeisterung, Leidenschaft und das Genießen von Erfolgen ungefiltert ausgelebt, richten wenig Schaden im Miteinander an. Hier halten sich Führungen eher zu bedeckt. Nach dem Motto „Gefühle haben im Job nichts zu suchen“ geben sie ihrer Freude zu wenig Ausdruck. Damit wird viel Potenzial zur Motivation von Teams verschenkt. Wenn z.B. erreichte Erfolge nicht gefeiert und gewürdigt werden.

… und annehmen

Zentral ist es v.a., die so g. negativen Gefühle zu steuern. Sie sind was sie sind, und nichts, was zu verdrängen ist. So machen sie auf offene und verletzte Bedürfnisse aufmerksam. Erst wenn Gefühle wie Angst und Panik, Wut, Zorn, Ärger, Frustration und Scham uns kontrollieren und die Führung über uns übernehmen, wird es problematisch. Sie rauszulassen und uns emotional zu entladen [1], wie es oft bei einer geringen Stresstoleranzzone wie von alleine passiert, schützt unsere Grenzen und schafft vermeintlich Entspannung. Doch cholerisches Verhalten & Co. hinterlässt Schaden und Wunden. Gelingt es uns die hohe energetische Kraft dieser Gefühle zu würdigen ohne zu agieren?

  • Angst oder Panik verdeutlichen „hier stimmt etwas nicht“, mahnt zur genauen Betrachtung und dem Heraustreten aus der Situation.
  • Wut, Zorn, Ärger zeigen „hier muss etwas geschehen“ und bringen ins Handeln, um die eigenen Grenzen und Werte zu schützen.
  • Frustration zeigt Ich-Bedürfnisse, indem sie etwa auf enttäuschte Erwartungen, das Feststecken in einer Klemme,Bedürfnisse im Mangel etc. weist.
  • Scham bewahrt uns mit unserem sozialen Gewissen vor unmoralischem Handeln. Ist das Gesicht doch verloren, ist das so schlimm, dass mit Kurzschlussreaktionen zu rechnen ist.

Daher gilt es, sich zwischen dem emotionalen Reiz und der Reaktion Stop zu sagen, eine Zeit der Reflexion einzuschieben und gerade nicht affektiv zu reagieren. Unter dem Einfluss unangenehmer Gefühle geht es dem Menschen nicht gut. Der Handlungsimpuls kann enorm stark sein und der emotionale Ausbruch kaum zu unterdrücken sein. Hier ein Stop zu setzen ist eine enorme geistesgegenwärtige Leistung.

… und den Moment zwischen Reiz und Reaktion nutzen

Uns Zeit und Raum verschaffen, um in Distanz zu gehen, uns selbst zu reflektieren und unserem Denken auf die Schliche zu kommen. So können wir über die Emotionen eine ganze Menge über unsere Menschlichkeit, unsere Bedürfnisse und Werte lernen. Gefühle navigieren uns zu tiefem Kontakt mit uns selbst. Was nicht heißt, dass wir verhalten müssen, wie uns innerlich zumute ist. Im Gegenteil: Kopf und Bauch mit dem Herzen verbinden, um dann nicht unbedingt wesens-, aber situationsgerecht in der Rolle professionell zu reagieren.

Den inneren Regungen keine freie Hand zu lassen, schafft anderen gegenüber keine neue Verletzungen und Schmerzen, die der Beziehung schaden. So werden Vertrauen und Respekt nicht verspielt. Zudem blockieren unkontrolliert ausagierte Gefühle das Gehirn dabei, sich auf die Aufgabe zu konzentrieren. Der reflektierte Mensch soll sich darum nicht blind der Regie der Emotionen ausliefern. Denn Emotionen sind v.a. Geschichten der Vergangenheit, ausgelöst durch innere Bilder und Gedanken. Es bedarf Fokus und positiver Energie, um im Moment des starken Reizes sich nicht direkt zur Reaktion verleiten zu lassen und zwischen Reiz und Reaktion einen Cut einzubauen. Dafür helfen Atmen und kleine körperbetonte Übungen, um bewusst ins Hier und Jetzt kommen und Distanz zur triggernden Emotion aufbauen.

 

Schritte aus der destruktiven Fremdsteuerung der Emotionen

  • Die Situation erst einmal verlassen.
  • Selbstempathie und Wohlwollen gegenüber sich selbst.
  • Im Nachgang reflektieren und sich auf die Schliche kommen: Warum spüre ich wann diesen Impuls? Seine inneren Antreiber erkennen, ohne ihnen blind zu folgen.
  • Das Unterbewusstsein mit positiven Bildern und Gedanken füttern.
  • Körperwahrnehmungen fokussieren: Bewusst atmen, Hände oder Gesicht waschen/ abkühlen, … Wenn wir mit Geist und Körper und seinen Emotionen verbunden sind, fühlen wir uns vital in Raum und Zeit, im Hier und Jetzt. Ein Mensch kann etwa 3 Wochen ohne Nahrung, 3 Tage ohne Wasser, aber nur etwa 3 Minuten ohne Atemluft überleben… Für lebendige Präsenz braucht es nicht mehr als einen bewussten Atemzug.

Doch braucht es ein gutes Maß an Reflexion, um mit den eigenen Gefühlen so konstruktiv umzugehen. Es bedarf der Selbstregulierung von Nähe und Distanz 

  • Nähe (in der Emotion sein und wahrnehmen) – Beziehungsebene
  • Distanz (aus der Emotion gehen und reflektieren) – Sachebene

Meister des Bedürfnis- und Beziehungsmanagements nutzen auf die lange Sicht Emotionen konstruktiv. Sie fördern Teamgeist, inspirieren, schaffen ein gutes Klima und Begeisterung für die Sache im Team. Ausagierte Emotionen sind ansteckend und übertragen sich leicht auf eine ganze Gruppe. Wer unter hohem emotionalen Druck verlässlich eine positive Haltung bewahrt, schafft eine Atmosphäre von Vertrauen, Sicherheit und Fairness und schafft es so eher Emotionen abzukühlen. Dies überträgt sich. Keiner möchte auf Dauer als Miesepeter oder Choleriker auffallen, wenn der Chef gelassen handelt und die Ruhe bewahrt. In jedem gesunden Menschen ist dafür eine viel zu tiefe innere Sehnsucht nach Harmonie angelegt.

 

[1] Katharsis als emotionale Entladung meint i.Allg. Reinigung, Erleichterung, Lösung durch Abreagieren. Der Begriff wurde bereits durch Aristoteles geprägt, der vermutete, dass ausgelöste Affekte der Reinigung der Seele dienen. Den Gedanken hat die Psychotherapie aufgegriffen. Unterdrücktes, verdrängtes, abgespaltenes Erleben schadet der Psyche. Wenn der Druck zu groß wird, den Mechanismus der Kontrolle aufrecht zu erhalten, und das Faß überläuft, dann platzt man regelrecht heraus. Obwohl jeder den direkten Abbau von Erregung und Spannung durch Abreaktion aus eigenem Erleben kennen dürfte, sind kurz- und längerfristige Folgen different. Früher wurde in der Psychotherapie verfolgt, starke Emotionen wie Wut und Ärger bewusst katharsisch zum Ausdruck zu bringen und führte leider häufig zur Retraumatisierung von Patienten.

Wird das auslösende Problem nicht positiv aufgelöst, bleibt auch der Impuls zur Veränderung aus. Mal „ordentlich auf den Tisch zu hauen“ mag im ersten Moment erleichtern. Doch schon Willy Brandt hat die Wirkung emotionaler Entladungen so treffend beschrieben: „Es hat keinen beeindruckt, nicht einmal den Tisch“. Wir reden uns ein, ein “emotionales Gewitter” reinigt und löst Verfahrenes – aber wie oft führt es auch zum Schweigen und Vertrauensbruch?

Es gilt, nicht der Gefahr des Ja-Aber-Spiels und damit dem Austausch von Argumenten zu verfallen, wenn man die Bedürfnisse auf den Tisch bringen will. Sondern selbst geklärt, die eignen Bedürfnisse einen Moment hinten anzustellen und die Bedürfnisse des andern empathisch in den Blick zu nehmen. Um sich aufrichtig mitteilen zu können, ist zunächst Empathie für die Bitte zu geben. So dass der Bittende die Sicherheit bekommt, gesehen und gehört zu werden. Zu zeigen, dass man die Bitte gehört hat und welche empathische Vermutung zum Wozu – als Frage oder Konjunktiv formuliert – man dazu hat.

 

7. Niemand kann Empathie geben, bevor er nicht selbst Empathie bekommen hat

Eine konkrete Bitte ist eine Strategie, die zunächst die Bedürfnisse des Fragenden in den Blick nimmt. In der GFK ist die Bitte nur verstehbar, wenn sie in Zusammenhang mit den dahinter stehenden Gefühlen und Bedürfnissen geäußert wird. Wer eine Bitte äußert will etwas ändern. Die Gewaltfreie Kommunikation kennt unterschiedliche Arten von Bitten auf Ebene der Strategie. Ihr Fokus liegt dabei darauf, in Verbundenheit miteinander zu sein.

  • Handlungsbitten: sind Bitten um eine bestimmte Handlung oder um ein inhaltliches Feedback (oft um zu schnellen Lösungen zu kommen)

  • Beziehungsbitten: sind Bitten um eine einfühlsame Reaktion, um eine Mitteilung, was beim anderen angekommen ist oder wie es ihm damit geht, was er dabei empfindet. Es geht dabei als darum, dem Fühlen Raum zu geben.

Es git zunächst, das Bedürfnis des Bittenden hinter seiner Bitte genauer zu ergründen. Emphatische Vermutungen dürfen dabei nicht auf Gedanken abstellen, sondern das Fühlen adressieren. Schnell werden im Eifer des Gefechtes Gefühle mit Gedanken oder gar Vorwürfen verwechselt. Das aber zerstört jeden Kooperationswillen. Selbst wenn eine Handlungsbitte geäußert wurde, kann es sein, dass der Anfrager das Nein nicht in der Sache, sondern (1.) auf der persönlichen Ebene hört, als Absage an die Beziehung. Und dass er (2.) so in seine Bedürfnisse verstrickt ist, dass er kein Ohr für die Antwort hat und ein Nein (noch) nicht empathisch hören kann. Dann war die Fähigkeit offen mit einer Antwort umgehen zu können, nicht gegeben.

Eine echte Bitte im Dialog muss mit einer offenen Entscheidung – ja oder nein – umgehen können, sonst ist es keine. Dann braucht der Antwortende nicht mit einem Nein und seinen Bedürfnissen anfangen. Vielmehr gilt es nun erst einmal, um die Beziehung zu halten, die eigenen Bedürfnisse einen Moment zu parken und die Bedürfnisse hinter der Bitte in den Blick zu nehmen. Der Bittende braucht so lange Einfühlung, bis er sich entspannt hat. Die Zeit zum Nachspürenlassen, ob es im Hier und Jetzt gut ist, Zuhören, Raum halten. Wenn der Bittende in seinen Konflikt nicht so reflektiert ist, sich selbst Einfühlung zu geben, braucht er die Empathie des Zuhörers.  Sich auf der Ebene seiner Bedürfnisse gehört zu fühlen, lässt spüren, dass ich dem anderen wichtig bin. Menschen sind oft erst in der Lage, empathisch auf die Bedürfnisse anderer zu reagieren, wenn sie selbst Empathie bekommen haben.

 

8. Empathisch Zuhören bevor man sich aufrichtig mitteilen kann

Marshall B. Rosenberg erkannte: „Empathisch mit dem Nein des anderen zu sein, schützt uns davor, es persönlich zu nehmen.“ 

In der GFK gibt es keine Abkürzung als sich in die Bedürfnisse beider Seiten einzufühlen. Das ist das, was in Menschen lebendig ist. Ein Ansatz Nein zu sagen und gleichzeitig in der Verbundenheit zu bleiben, ist daher, nicht nur das eigene Nein gut zu erklären, sondern sich auch die Zeit zu nehmen, eine andere Strategie im Hier und Jetzt mit dem Anfrager zu entwickeln. Solange gemeinsam einen Weg zu erkunden, wie die dahinterliegende Bedürfnis beider Seiten erfüllt werden können. Immer wieder offen nachfragen, was der andere verstanden hat, wie es ihm damit geht und was er braucht. Hier sind mitunter mehrere Runden zu drehen, die gegenseitigen Bedürfnisse zu spiegeln und eine gemeinsame Synthese zu finden. Diese Aufarbeitung im offenen Dialog kann Zeit benötigen, die nicht immer da ist. Sie hat das potenzial die Verbundenheit trotz des initialen Neins zu stärken.

Auf Ebene der mit der Bitte vorgeschlagenen Strategie gibt es kein Commitment. Das muss aber nicht heißen, dass es keine andere gemeinsam getragene Lösung gibt. So gesehen bleibt es beim autonomen Nein zur anfänglichen Bitte, die nicht für beide Seiten stimmig ist. Aber der Dialog endet immer mit einem Ja zur Verbindung  durch achtsame Anerkennung der Bedürfnisse aller Seiten. Im dialogischen Austausch selbst liegt dann eine neue tiefe Beziehungerfahrung. Statt im Widerstand und In Negativität zum Nein bzw. zur Bitte zu sein, wird kein Leid erschaffen, sondern es entsteht eine höhere warme Herzensenergie, indem beide miteinander mit ihrer Lebendigkeit in Kontakt kommen.

 

9. Umgang mit Blockaden

Gehört zu werden im Anliegen schafft Öffnung auch für Anliegen des anderen. Selbst wenn ich diese Verbundenheit will, sich gegenseitig in seinen Bedürfnissen zu sehen und Lösungen zu finden, ist das nicht immer sofort möglich:

  • Ich bin selbst nicht in meiner Kraft und in der Lage mich auf den Klärungsprozess einzulassen. 

  • Man hat sich in ein Ja-Aber-Gefecht mit Urteilen, Drohung, Schuldvorwürfe und Urteile so- verfahren, dass im Moment nicht auf die Ebene der Bedürfnisse vorzudringen ist. Obwohl im Grunde jeder nur darum kämpft, mit seinen Bedürfnissen gesehen zu werden.
  • Die Beteiligten brauchen Zeit zum Nachspüren, bevor die gemeinsame Lösung sich entwickeln kann.

Bei solchen Blockaden hilft erst einmal der Ausstieg aus der Situation mit ehrlichem Bedauern und Dankbarkeit für die Ehrlichkeit. Für den Moment tritt jeder für sich ein und man lässt die Differenz stehen ohne sie persönlich zu nehmen. Ein Wiederanschließen ist dann leichter zu einem späteren Zeitpunkt aus Distanz zu den kraftraubenden Emotionen möglich. 

Die Aufrichtigkeit des Neins braucht Empathie für beide Seiten. Das gibt die Sicherheit, einander zu hören und anzuerkennen. Dahinter steck eine enorme Kraft der Verbundenheit: Die Bedürfnisse werden ins Leben geholt und schaffen lebendige Beziehungen. In dieser Haltung fließt jedes Einstehen für sich selbst letztlich sogar in eine Vertiefung der authentischen Verbindung zwischen Menschen.

So steht am Ende der Bitte das Danke.

    [1] Ein authentisches Anschauungsbeispiel ist die Milchtütenbitte von Iris und Jürgen. Im langsamen Dialog mit laufender Rückkopplung an die Bedürfnisse beider zeigen sie, wie es gelingt, die eigenen Bedürfnisse und die Reaktanz des anderen darauf anzusprechen und – in der Haltung, gegenseitig verbunden bleiben zu wollen und sich die Zeit zu nehmen- die Beziehung in der Akzeptanz der gegenseitigen lebendigen Bedürfnisse zu vertiefen. Die Kunst ist, keinen Vorwurf zu hören, sondern die Selbstkundgabe.

    [2] Axiom der GFK: Bedürfnisse sind universal gültig, insbesondere unabhängig von Person, Zeit und Ort, sonst sind es Strategien.


     

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